Hier entsteht ein Vorlesebuch für Kinder und alle, die es werden wollen.



Hans will

Es war einmal eine alleinerziehende Mutter, die hatte einen Sohn, der schon in die Schule ging. Sein Name war Hans. „Er ist mein Sonnenschein“ sagte sie zu seinen Großeltern und ihren Freunden. Die Mutter arbeitete in einem Büro, schaute den ganzen Tag auf einen Computerbildschirm und verschickte Mahnungen an säumige Kunden der Modefirma für die sie arbeitete. Nach Feierabend holte sie Hans von der Kita ab. Manchmal machten sie dann noch einen Umweg und schauten an einem Spielplatz vorbei, weil Hans dort gerne schaukelte. Aber meistens waren sie zu müde und gingen gleich in ihre kleine Wohnung im 3. Stock. Die Mutter machte dann für sich und Hans das Abendbrot. Und weil der Verdienst der Mutter klein war und die Miete hoch gab es oft Marmeladenbrot. Käse und Wurst können wir uns nicht jeden Tag leisten, sagte die Mutter. Das Essen ist mir nicht so wichtig sagte Hans, aber ich will so Hosen wie meine Klassenkameraden, welche von der Firma Soundso. Die können wir uns nicht leisten, antwortete Mutter. Aber ich will auch so Hosen, verlangte Hans erneut. Warum können andere sich so Hosen leisten und nur wir nicht. Hans wollte nicht einsehen, dass die Mutter nicht so viel verdient. Dann verdien doch mehr oder arbeite mehr, sagte Hans. Die Mutter wurde dann traurig. Ich kann nicht mehr arbeiten sagte sie, ich will ja auch noch Zeit für Dich haben. Die brauch ich nicht, sagte dann Hans, aber eine Hose von der Firma Soundso, die brauche ich. Wenn du mir die Hose nicht kaufst, dann will ich zu Oma und Opa, die haben Zeit und Rente, die kaufen mir bestimmt die Sachen, die ich gerne möchte. Du lebst nun mal bei mir, Oma und Opa leben weit weg und du gehst hier zur Schule. Oma und Opa haben auch nur eine kleine Rente, gab Mutter zu bedenken. Aber Hans wollte gar nicht zuhören: Ich will aber, dass sie mir eine Hose und ein Shirt und Schuhe kaufen, forderte er. Warum sind dir die Anziehsachen so wichtig wollte Mutter wissen, doch Hans sagte nur, weil andere auch so Sachen haben, ich will auch haben was meine Freunde haben. Sie sagen, ich hätte billige Aldi-Hosen und lachen. Ich werde noch mehr sparen als bisher sagte die Mutter und wenn ich das Geld zusammen habe, kannst du dir aussuchen, ob wir einen Ausflug mit Schwimmbadbesuch machen oder ob du die Hose willst. Ich will ins Schwimmbad und ich will die Hose, sagte Hans dann. Eines Nachts, als die Mutter schon schlief, schlich sich Hans aus der Wohnungstür, ging vorsichtig, damit ihn keiner höre, die Treppe hinunter. Normalerweise sprang er immer, mehrere Stufen nehmend die Treppe hinab, aber in dieser Nacht schlich er ganz leise von Stufe zu Stufe. Er erschrak sich sehr als er an der Haustür ankam und da stand Herr Mond, der dicke Nachbar von Nebenan. Ja, Hans, was machst du denn hier, so spät am Abend. Du musst doch schlafen, meinte Herr Mond. Nein, nein sagte Hans, ich will in den Laden wo es die Hosen von der Firma Soundso gibt. Aber Hans, entgegnete Herr Mond, die Läden haben längst geschlossen. Hast Du denn überhaupt Geld, dir eine Hose zu kaufen. Ja, sagte Hans und zeigte Herrn Mond einen 100€-Schein. Woher hast Du denn soviel Geld wollte Herr Mond wissen. Das haben mir die Großeltern geschenkt, sagte Hans und wurde ganz rot dabei, denn das war gelogen. Er hatte den Schein seiner Mutter aus dem Portemonnaie genommen. Darfst du denn so spät mit so viel Geld umherlaufen, sagte Herr Mond ungläubig. Ja, sagte Hans, meine Mutter hat es erlaubt, aber auch das war gelogen. Hans, Hans, sagte Herr Mond, ich hoffe das stimmt, was du da sagst. Hans aber ließ sich nicht beirren und lief zu dem Laden, wo es die teuren Markensachen zu kaufen gab. Im Laden brannte nur ein schwaches Licht und als Hans an der Tür rüttelte, merkte er, dass sie verschlossen war. Ich will aber jetzt eine Hose kaufen sagte er und rüttelte ganz fest an der Ladentür. Da ging die Alarmanlage los und Hans bekam einen riesigen Schreck. Er nahm die Beine in die Hand und lief die Straße entlang und dann um die nächste Ecke und viele weitere Ecken. Die wenigen Passanten die noch in der Einkaufsstraße unterwegs waren blieben stehen und schauten erstaunt dem Hans hinterher. Wenige Minuten später kam die Polizei und befragte die Augenzeugen, was sie gesehen hatten. Ein kleiner Junge wollte in den Laden einbrechen, berichteten sie. Er hatte eine große Eisenstange dabei, damit wollte er die Tür zum Laden einschlagen. Aber das hatten die Leute gar nicht in Wirklichkeit gesehen sondern meinten es nur, weil sie am Tag zuvor einen Film im Fernsehen gesehen hatten, in dem Einbrecher eine Ladentür mit einem Brecheisen eingeschlagen hatten. Die Polizei fuhr um alle Häuserblocks, konnte aber keinen Jungen mit einer Brechstange entdecken. Hans war weit gelaufen. Er schaute sich um, diese Häuser kamen ihm alle unbekannt vor. Er wusste nicht mehr wo er war und wie er wieder nach Hause finden sollte. Dummerweise hatte er auch sein Smartphone nicht mitgenommen, damit hätte er seinen Standort und den Weg nach Hause finden können. Das Smartphone war ein Geschenk der Großeltern gewesen, damit er, falls er mal in eine schwierige Situation komme, die Mutter oder die Großeltern anrufen könne. Hans wusste damals nicht so recht was die Großeltern mit einer schwierigen Situation gemeint hatten, er fühlte aber, jetzt war so eine schwierige Situation. Zum Glück kam eine Frau auf einem E-Skooter vorbei. Na, Kleiner, was machst Du denn hier so alleine am späten Abend. Du gehörst doch bestimmt schon ins Bett. Ich wollte mir eine Hose kaufen antwortete Hans, aber der Laden hatte schon zu. Und jetzt weiß ich den Weg nicht mehr zurück. Kennst Du denn Deine Adresse fragte die freundliche Frau. Na klar, antwortete Hans, ich wohne in der Hävelmannstr. 8. Komm Kleiner sagte die Frau, ich bring dich wieder nach Hause. Allerdings kannst du mir auch einen Gefallen tun, ich will mir noch eine Fahrkarte am Bahnhof kaufen, habe aber mein Geld vergessen. Vielleicht kannst Du mir etwas Geld leihen. Na klar, sagte Hans, ich habe einen 100€-Schein. Das ist gut, sagte die Frau, ich gebe dir morgen das Geld zurück, ich werfe es einfach in euren Briefkasten in der Hävelmannstr. Sie brachte Hans auf dem Skooter zurück zu seinem Haus. Die Mutter war wach geworden, sie saß weinend auf dem Sofa. Sie hatte die Großelter angerufen und die hatten versprochen sich gleich ins Auto zu setzen und mit der Mutter gemeinsam nach Hans zu suchen. Die Mutter hatte auch alle Freunde von Hans aus der Kita und der Schule angerufen, aber keiner hatte etwas von Hans gehört. Nun stand er wieder in der Wohnungstür und es gab keinen glücklicheren Menschen als Hänschens Mutter. Hans erzählte, was er erlebt hatte, auch er musste weinen, weil alles nicht so gekommen war, wie er es gewollt hatte. Du sollst niemals mehr Geld aus meiner Tasche nehmen, sagte die Mutter, es ist Unrecht, weil es mir gehört. Ich nehme ja auch keine Sachen die dir gehören für mich. Was du einfach genommen hast war das Geld was ich für Dich gespart hatte. Wir hätten davon einen Ausflug machen können oder du hättest dir eine Hose ausgesucht. Das geht nun jetzt nicht mehr. Da klingelt es an der Tür, es sind die Großeltern. Auch sie sind froh, dass Hans wieder daheim ist. Wir sind jetzt in der Nacht über eine Stunde gefahren, damit wir dich mit deiner Mutter suchen können. Das ist jetzt zum Glück nicht mehr nötig. Ich möchte aber, dass du dir überlegst, wie du das wieder gut machen willst, sagte Opa. Da fällt Hans gar nichts ein, aber dem Opa. Du kannst in den Ferien zu uns kommen und im Garten den Rasen mähen, das Unkraut zupfen und jeden Tag die Blumen gießen. Ich will aber…. begann Hans und wollte widersprechen. Der Opa aber sagte: Stopp. Gerade willst du mal gar nichts und bist nur froh, dass du wieder bei deiner Mutter bist. Die 100€ aber waren am nächsten Tag nicht im Briefkasten, auch nicht am übernächsten und an allen weiteren Tagen nicht. Als Hans am nächsten Tag seinen Freund Fritz in der Schule traf hatte der auch eine Aldi-Hose an. Fritz erklärte, meine Mutter hat gesagt, wenn der Hans, der dreimal besser in der Schule ist als du, wenn der eine Aldi Hose tragen kann, dann kannst du das auch und ich brauche das viele Geld für Markenklamotten nicht mehr ausgeben. Machen wir doch von dem gesparten Geld lieber einen Ausflug in den Zoo. Ich will auch einen Ausflug machen meinte Hans am Abend zu seiner Mutter. Dann müssen wir sparen, entgegnete sie. Wir können jeden Tag etwas Geld in das Sparschwein stecken, du von deinem Taschengeld und ich, wenn ich mal von meinem verdienten Geld etwas übrig behalte. Zwei Jahr später erhielt die Mutter einen Brief ohne Absender. Darin stand; Ich habe Unrecht getan und von ihrem Sohn Geld geliehen, das ich nicht zurückgeben konnte. Ich musste meine Tochter besuchen, die damals in einer fernen Stadt im Krankenhaus lag. Ich war arbeitslos und hatte kein Geld für eine Fahrkarte. Jetzt habe ich wieder Arbeit und kann mein Unrecht wieder gut machen. Bitte entschuldigen sie. Die unbekannte Frau hatte einen 100€-Schein mit in den Brief gelegt. Davon machen wir einen schönen Ausflug, meinte Mutter. Was möchtest Du denn gerne, fragte Hans. Ach lass uns gemeinsam auf die Eisbahn gehen, das macht mir am meisten Spaß, meinte Mutter. Mal sehen, wer besser Schlittschuhlaufen kann.





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